Ausstellung
Im Zeitalter des Internets verspricht das Handy eine nahezu grenzenlose Erweiterung unserer Handlungsspielräume und den ununterbrochenen Anschluss zugleich an globale wie auch persönliche Netzwerke. Kaum eine technologische Innovation der vergangenen Jahrzehnte hat ähnlich mühelos und schnell eine so massenhafte Verbreitung gefunden und dabei derart umfassend von unserem Alltag Besitz ergriffen wie das tragbare Telefon. Als Statussymbol eines gehobenen Konsums, bei dem es nicht um materielle Güter, sondern um Information geht, verkörpert es die individuelle Teilhabe an der Informationsgesellschaft des 21. Jahrhunderts. Man kann es als »Territorialmaschine« bezeichnen: ein elektronisches Gerät, das seinen Nut-zer/innen die Welt nicht nur »zu Füßen«, sondern in die Hand legt.
Als Kamera, Walkman, Organizer, Navigationsgerät und Briefkasten für private und berufliche Nachrichten stellt das Handy die persönliche Verbundenheit mit der Welt nicht nur in ihrem wohlhabenden Teil, sondern auch in den Gesellschaften her, die zuvor wenig oder keinen Zugang zu den Kommunikationsnetzwerken hatten. Der Siegeszug der mobilen Kommunikation in Afrika ist beispiellos.
Inzwischen jedoch wird die permanente Verfügbarkeit unserer Welt, aber auch unseres Ichs in all seinen Handlungen und Emotionen auch zu einem zumindest zweischneidigen Versprechen. Der Titel Welt in der Hand bezieht sich auf Welt am Draht, einen Fernsehfilm Rainer Werner Fassbinders, der damit eine der ersten Beschreibungen von Virtualität filmisch umsetzte: Daniel F. Galouyes Roman von 1964 handelt von einer virtuellen Großstadt, die zu Marktforschungszwecken geschaffen wurde. Das zeitgenössische Mobiltelefon als mobile Außenstelle unseres Gehirns, deren Daten permanent per Satellit abgerufen werden könnten, wäre in diesem Falle die ideale Schnittstelle zu unserem Bewusstsein.
Die von Miya Yoshida in Zusammenarbeit mit dem Kunsthaus Dresden entwickelte Ausstellung, das Begleitprogramm und das zu Welt in der Hand erscheinende Buch thematisieren Aspekte der globalen Alltagskultur des Mobiltelefons.
Künstler:innen
Anne König & Jan Wenzel (Leipzig), Alice Creischer & Andreas Siekmann und Christian von Borries (Berlin), Jimmie Durham (Rom / Berlin), William Engelen (Berlin),Laura Horelli (Helsinki / Berlin), Annette Krauss (Stuttgart), Sigit Pius Kuncoro (Yogyakarta), Dirk Lange (Dresden), Takashi Murakami (Tokio), Tony Oursler (New York), Tanja Nellemann Poulsen (Århus), Erwin Stache (Leipzig), Annika Ström (Hove / London), Barthélémy Toguo (Paris / Banjoun), Rikki Wemega-Kwawu (Takodari)
und up and down /Thilo Fröbel mit Sebastian Bellmann, Erik Niemz, Stefan Schille, Manuel Siegert, Roald Sorms, Ronny Voß (Dresden)
SMS-Lyrik: Roman Israel, Moritz 7, Stefan Seyfarth (Dresden)
Kuratiert von Miya Yoshida in Zusammenarbeit mit dem Kunsthaus Dresden
Miya Yoshida ist Kuratorin, Publizistin und Wissenschaftlerin in Berlin.
Mit dem Projekt eröffnet das Kunsthaus Dresden die Reihe wire / less zu Kunst und Medien-technologie. Das Buch zur Ausstellung Welt in der Hand erscheint in Kooperation mit Jan Wenzel und Paul Feigelfed bei Spectorbooks in Leipzig.
Katalog
Das Buch zur Ausstellung Welt in der Hand erscheint in Kooperation mit Jan Wenzel und Paul Feigelfed bei Spectorbooks in Leipzig.
Unterstützer
Kunstfonds Bonn, Japanisches Kulturinstitut Köln, IfA, Danish Art Council und Europäische Sozialfonds